Bestes Brot

In München backt der Schwarzwälder Julius Brantner ein Brot so knusprig und schmackhaft, dass man es am liebsten nur mit Butter isst.

Für Julius Brantner beginnt der Arbeitstag so gegen zwei Uhr morgens. Für echte Bäcker ist das relativ normal, schließlich wollen die Kunden morgens frisches Brot und Brötchen. Das ist aber auch ein Grund, warum es immer weniger echte Bäcker gibt. Wer will schon so früh aufstehen? Auch Brantner könnte sich das Leben etwas leichter machen. Etwa, indem er Brot am Abend vorbacken würde – aber dann wäre es morgens eben nicht so frisch. Und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könnten für eine der Großbäckereien arbeiten, die am Fließband Brot produzieren und deswegen keine Nachtschichten brauchen. Aber dann würden sie an Maschinen stehen und Knöpfe drücken – und kein handwerklich gefertigtes Brot backen, auf das sie so stolz sind.

Einfach ein handwerklich gutes Brot backen

Die 22 Bäckerinnen und Bäcker in Brantners Team aber sind Überzeugungstäter wie ihr Chef. Das schmeckt man ihrem Brot an: aromatisch, mit einzigartig-knuspriger Kruste und auch nach fünf Tagen noch lecker. Das Geheimnis des Brots liegt in seiner Einfachheit. „Ich will nichts neu erfinden, nur ein handwerklich gutes Brot backen“, sagt Brantner. Deshalb kommen bei ihm wirklich nur Mehl, Wasser, Hefe und Salz ins Brot, keine chemischen Backtriebmittel oder Ähnliches. Das muss reichen. Halt, etwas kommt noch dazu: Zeit. Der Teig darf 24 bis 48 Stunden reifen, bis sich alle Zutaten perfekt verbunden haben.

Der Sauerteig ist eine Kunst

Weil wir gerade bei den Zutaten sind. Natürlich verwendet Brantner nicht irgendein Mehl. Lange hat der Schwarzwälder, den die Liebe 2019 nach München gelockt hat, gesucht, bis er die Müllerin Monika Drax im Osten von München gefunden hat.
Sie produziert genau das Mehl, das er sich vorgestellt hat. Gemahlen aus Getreide von Biobauern, die sie alle persönlich kennt und denen sie vertraut. Die zweite entscheidende Zutat ist der Sauerteig mit dem exakt richtigen pH-Wert, den der Bäckermeister vor sechs Jahren angesetzt hat und den er seitdem schön regelmäßig füttert. „Jeder Bäcker hat seinen eigenen Sauerteig“, sagt Brantner. „Das ist ein lebender Organismus. Den kann man nicht einfach kaufen. Da muss man lange ausprobieren, bis man den Sauerteig hat, den man mag. Ein paar falsche Bakterien und der Teig schmeckt scheußlich.“ Schon drei Mal ist Brantner mit seinem Sauerteig umgezogen. Als er seine Backstube in Schwabing bekam, hat er einen Klumpen Sauerteig in Wasser aufgelöst und alle Wände und Flächen damit beschmiert, um der Mikroflora im Raum zu zeigen, wer jetzt das Sagen hat.
 

Was weg ist, ist weg

Zwei Backstuben betreibt Brantner inzwischen in München, das bedeutet ein paar Hundert Laibe täglich. Mehr gibt‘s nicht. Wenn die verkauft sind – und das kann schon mal ziemlich früh am Tag sein – ist Schluss. Brantner will nichts wegwerfen und keinen Überschuss produzieren. Wer sichergehen will, noch ein Brot zu ergattern, bestellt online vor, dann wird sein Brot zurückgelegt.

Gearbeitet wird im Schaufenster

Sein Handwerk hat Julius Brantner, der aus einer Bäckerfamilie stammt, in aller Welt gelernt. 2012, im fernen Australien, jobbte er in einer Bäckerei, die so ganz anders war, als er das kannte: „Die war einfach stylish und cool.“ Das war eine Art Erweckungserlebnis für den weltenbummelnden Bäcker. Als er in München, wo er eigentlich Informatik studieren wollte, merkte, dass er vom Backen doch nicht lassen kann und eine geeignete Backstube suchte, scheiterte das lange unter anderem daran, dass er partout im Schaufenster arbeiten wollte. „Ich wollte Transparenz und Offenheit und ein schönes Arbeitsumfeld für mich und das Team“, sagt Brantner, dem man den Schwarzwald auch nach den vielen Münchner Jahren noch sehr deutlich anhört. Heute wird, wie er es sich gewünscht hatte, in der Sonne an der „Tafel“ im Schaufenster geknetet und geformt. Die Kunden und Nachbarn schauen vorbei und sehen zu, wie Laib um Laib entsteht.
 

Der Teig braucht seine Ruhe

Man spürt die sinnliche Freude, die Brantner („Ich mache nur, worauf ich Bock habe.“) und sein Team bei der Arbeit haben und fragt sich, warum nicht mehr Bäcker in Deutschland mit so viel handwerklicher Leidenschaft arbeiten und so ein wunderbares
Brot produzieren. „Zum einen kostet unsere Art zu backen mehr Geld – damit der Teig ruhen kann, braucht man viel Fläche und
viel Energie zum Kühlen“, sagt Brantner. „Wir haben gerade drei Tonnen Teig im Kühlhaus. Weil wir länger vorplanen müssen, ist auch die Komplexität bei uns größer. Das kostet alles Geld. Deshalb ist unser Brot deutlich teurer als ein Brot aus dem Supermarkt. Dafür schmeckt es besser, ist bekömmlicher, hält länger und man muss nichts wegwerfen.“
 

„Brot braucht Charakter. Ich will nichts neu erfinden, nur ein handwerklich gutes Brot backen.“
 

JULIUS BRANTNER

Lust aufs Brot

Zum anderen finden die meisten Bäcker keine Leute mehr. Schon wegen der Arbeitszeiten, und reich ist in dem Beruf auch noch keiner geworden. Brantner aber hat keine Probleme, Bäckerinnen und Bäcker zu finden: „Viele wollen bei uns lernen und mit
der Hand arbeiten, es sind Leute, die Lust auf Brot haben.“ Brantner bittet neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mindestens für ein Jahr bei ihm zu bleiben. Nur so können sie wirklich verstehen, wie man ein gutes Brot backt – und die kleinen Feinheiten lernen, mit denen er immer wieder etwas Neues ausprobiert. Eigentlich hat er nur drei Sorten Brot im Angebot, aber jeden Tag gibt es ein „Aktionsbrot“, freitags zum Beispiel „Opa Walters Körnerbrot“.

 

Jetzt gibt’s Kuchen

„Ich stehe jeden Tag selbst in der Backstube, Brot backen ist mein Leben. Aber ab und zu kann ruhig noch etwas mehr passieren. Wenn es eine passende Immobilie gibt, kann ich mir auch noch eine dritte oder vierte Backstube in München vorstellen – nur um Gotteswillen keine Kette oder so etwas. Ein bisschen können wir auch unser Angebot noch erweitern. Ich esse so gerne Kuchen, gerade probieren wir uns an einem schlichten Kirschstreusel aus – da habe ich nämlich noch keinen wirklich guten gefunden. Einfach und lecker muss er sein wie unser Brot.“

Text: Peter Würth
Fotos: Kathrin Koschitzki

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